Fit im Auto - Spezielles Fahrtraining für Senioren
Die Zeitersparnis ist nur gering: Kelheims Senioren sind sicher unterwegs, wie ein spezielles Fahrtraining zeigte.
Manfred Wöhrmann erläutert nach der Probefahrt ganz genau, was ihm am Fahrstil von Edith aufgefallen ist. Fazit: Es passt!
Mein Mann hat mich angemeldet“, Die Meinen waren begeistert“, „Die Meinen haben gesagt, du spinnst!“ - Am Anfang des Fahrsicherheitstrainings steht der Erfahrungsaustausch. Drei Männer und sechs Frauen sitzen im Aufenthaltsraum des Bauhofs und sind gespannt, was beim Verkehrssicherheitstraining für Senioren gleich auf sie zukommt. Als Angehörige der älteren Generation hat die Mittelbayerischen Zeitung auch mich zu dem Kurs geschickt.
Mit dem Büffeltritt zum kurzen Bremsweg.
Wir alle schauen erwartungsvoll, aber auch ein klein wenig angespannt auf Klaus-Dieter Zerwes und Ferdinand Reichl von der Kreisverkehrswacht.
Was kommt da auf uns zu?
Man weiß ja nie, was dabei herauskommt, wenn man als älterer Mensch die eigene Verkehrstüchtigkeit von Profis überprüfen lässt. 61 Jahre ist der jüngste Teilnehmer alt, über 80 die älteste. Am Ende der fast fünf Stunden ist die Meinung einhellig: Es hat sich gelohnt, jeder nimmt etwas mit. Bürgermeister Horst Hartmann schaut kurz vorbei, dankt der Verkehrswacht für ihr Engagement und lobt die Teilnehmer: „Toll, dass Sie das positiv angehen.“ Augenzwinkernd schieb er eine Mahnung hinterher: „Fahrt mir nix kaputt!“
Dann fängt Fahrlehrer Dieter Mirwald an, ein wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern und packt ein paar Erfahrungswerte aus. Zum Beispiel den: „Der Blinker ist noch nicht abgeschafft worden. Den darf man schon noch benutzen!“ Und die Hupe ist zum Warnen da, nicht zum Schimpfen. Schnell wird intensiv gefragt und diskutiert. Die Themen sind vielfältig. Rettungsgasse, Radfahrer, Punkte, abknickende Vorfahrt, Bushaltestellen ... Dann werden die Teilnehmer aufgeteilt. Für fünf Leute geht es im Fahrschulauto auf die Straße, die anderen trainieren mit dem eigenen Wagen auf dem Bauhofgelände.
Der Fahrer ist für die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs verantwortlich.
Ich steige mit Edith (71) und Georg (75) zu Fahrlehrer Manfred Wöhrmann ins Auto. Georg, der beruflich schon mit Bus und Lkw unterwegs war, gehört nicht zu denen, die meinen, ihnen kann eh keiner was. „Ich will wissen, ob ich mich noch verkehrsgerecht verhalte“, sagt er und setzt sich hinters Steuer. Am Ende bescheinigt ihm Wöhrmann, dass ihm die Fahrt grundsätzlich gut gefallen hat. Aber wenn Georg sich nicht konzentriert, wird er manchmal zu schnell.
Dann bin ich dran. Keine Probleme in den nächsten zehn Jahren, sagt Wöhrmann am Ende meiner Fahrt. Aber er sagt auch etwas anderes: „Zu schnell, zu wenig Abstand!“ Aha! Das erstaunt mich schon ein wenig. Ich bin kein Raser, sammle keine Strafzettel und schon gar keine Punkte. Dass ich mitunter etwas flott unterwegs bin, ist mir jedoch nicht ganz fremd. Aber der Abstand? Während Edith dran ist, gehe ich in mich, fahre im Geiste mit und stelle fest, dass Wöhrmann Recht hat.
An die Kandare nehmen
Ich verspreche mir selber hoch und heilig, dass ich mich ab sofort umstelle. Ungeduld hin oder her, die echte Zeitersparnis ist sowieso minimal. Aber die Zeit, die man mit geringerer Geschwindigkeit und größerem Abstand als Reaktionszeit gewinnt, diese Zeit ist Gold wert, wenn es eng wird, versichert der Fahrlehrer. Eine kleine Veränderung hilft mir dabei, mich immer daran zu erinnern. Ferdinand Reichl hat mir den Sitz meines eigenen Fahrzeugs anders eingestellt. Ich sitze jetzt unbequemer und aufrechter. Macht nix - dann denke ich beim Einsteigen sofort an das Training und die neue Erkenntnis. Auch Fahrlehrer Dieter Mirwald hat bei seinen Probanden viele typischen Fehler beobachtet. Geschwindigkeitsüberschreitungen liegen oft auch daran, dass die Fahrer nicht wissen, wie viel sie eigentlich gerade fahren dürfen. Aber das ist eigentlich nicht vom Alter abhängig. Und er sagt noch einen wichtigen Satz: Am besten für die Erhaltung der Fahrtüchtigkeit ist es zu fahren. Wer nur jedes halbe Jahr ins Auto steigt, wird unsicher.
Auch Wöhrmann hat einen guten Rat für uns: Das nächste Auto, das angeschafft wird, sollte ein Automatikgetriebe haben. Aus einem ganz einfachen Grund: „Man soll es sich im Alter so leicht wie möglich machen.“ Im Pausenraum wartet nach der Fahrt eine kleine Stärkung auf uns. Eine Wurstsemmel und zwei Tassen Kaffee später geht es an die Spezialübungen. Bremsen, und zwar so fest, wie es geht. Mit dem Büffeltritt, sagt Zerwes. Bei dieser Übung geht es mir gut, der Bremsweg ist relativ kurz.
Vollbremsung und Ausweichen
Aber dann stellt Zerwes Hütchen in der Fahrbahn auf. Vollbremsung und Ausweichen ist jetzt gefragt. Die Hütchen irritieren mich beträchtlich. Ich fahre keines um, aber auch nach dem dritten Versuch beschleunige ich nicht hoch genug. Hmm... Apropos Hütchen: Beim Slalomfahren bin ich echt schnell durchgekommen, hab nur ein Hütchen umgefahren. „Macht nichts“, sagt Zerwes. Gleich nochmal. Diesmal klappt es wieder richtig flott und ohne ein Hütchen zu touchieren.
Nach fast fünf Stunden Schulung stellen wir fest, dass das durchaus anstrengend war.
Im Interview erklärt Klaus-Dieter Zerwes, was für Senioren im Verkehr wichtig zu wissen ist.
Dann gibt Zerwes Feuer frei für die Abschlussdiskussion. `“Man nimmt immer etwas mit“, ist Udo überzeugt. „Man muss sich selbst eingestehen, dass das nicht unnütz ist“, sagt die 80-jährige Helga. “Ein voller Erfolg! Herzlichen Dank!“, ist Monika begeistert. „Kein Cent zu viel. Jeder sollte das machen!“, legt Gudrun sämtlichen Altersgenossen ans Herz.
„Auf einen Nenner gebracht: Es war klasse! Schreib das auf jeden Fall auf!“schwärmt Edith. Sie alle werden Reklame für das Fahrtraining für Senioren machen. Der Bedarf wird vermutlich im Lauf der Zeit höher werden, denn bis 2030 sind voraussichtlich 40 Prozent der Verkehrsteilnehmer über 60 Jahre alt.
Wann ist der nächste Kurs?
Am 30. Juni ist ein weiterer Kurs geplant. Anmelden kann man sich bei der Kreisverkehrswacht Kelheim unter (0 94 41) 174 52 88 oder bei den Fahrschulen Holz und Wöhrmann. Auch Gruppenkurse können gebucht werden.
Quelle: https://www.mittelbayerische.de/region/kelheim-nachrichten/unsere-reporterin-will-sich-umstellen-21029-art1657677.html
Fotos: Fr. Gabi Hueber-Lutz