Kreisverkehrswacht sucht Nachwuchs
Sich sozial zu engagieren. „ist mein Lebenstraum gewesen“. Diesen Lebenstraum erfüllt sich der 68-jährige Franz Dobesch aus Saal auch. Der Rentner ist seit Jahren ehrenamtlich tätig beim Bayerischen Roten Kreuz und bei der Kreisverkehrswacht (KVW) Kelheim. In mehrfacher Funktion ist er im Verein der Kreisverkehrswacht engagiert: zweiter Vorsitzender sowie Chefmoderator und Koordinator für den Überschlagsimulator, der der vorbeugenden Sicherheit für Verkehrsteilnehmer dient. Wenn Franz Dobesch mit dem Lkw mit dem roten Mini mit weißen Dach, der zum Überschlagsimulator umfunktioniert wurde, unterwegs ist, dann ist der Kleinwagen im Blickpunkt.
Auch in Österreich im Einsatz
Für Franz Dobesch und den Kollegen, der ihn zu Einsätzen begleitet, bedeutet das oft auch, sich in den frühesten Morgenstunden auf den Weg zu machen, um rechtzeitig am Veranstaltungsort zu sein. Gebucht wird der Überschlagsimulator von Behörden, Schulen, Firmen, für Ausstellungen, Feste und Messen. Wie im Gespräch mit Franz Dobesch zu vernehmen ist, wurden diese Demonstrationen im Laufe der Jahre immer mehr gebucht. Vor drei Jahren war der Mini, der mit Steuerung mühelos einen „Kopfstand“ schafft, auch schon einmal in Österreich.
Waren es 2014 lediglich 26 Tageseinsätze, so enthält die Statistik für das Vorjahr 47 Einsätze und für dieses Jahr 44 Buchungen. Die meisten Termine 2017 sind bereits bewältigt.
Viele Kilometer sind zurückgelegt worden. Alleine im vergangenen Jahr haben die Moderatoren für Einsätze insgesamt 8660 Kilometer bewältigt und zusammen 1100 Stunden ehrenamtlich geleistet. Die Kreisverkehrswacht sucht „dringend“ ehrenamtliche Kräfte, um angesichts des steigenden Interesses an Demonstrationen mit dem Überschlagsimulator Einsätze der bisherigen Mitstreiter laut Franz Dobesch etwas zu reduzieren.
Unter den derzeit acht Moderatoren sind Männer, die „kurz vor der Rente“ oder schon im Ruhestand sind. Wer sich dem Team anschließen möchte, sollte mindestens im Alter von 18 Jahren sein und eventuell ein Fahrzeug bis 7,5 Tonnen fahren dürfen sowie technisch interessiert sein. Jemand, der sich ehrenamtlich engagieren möchte bei Einsätzen des Überschlagsimulators, sollte auch der Kreisverkehrswacht beitreten. Für Einsätze gibt es laut Franz Dobesch eine „geringe Aufwandsentschädigung“. Meldungen sind unter
Der Überschlagsimulator bei der Kreisverkehrswacht ist laut Franz Dobesch während der Zeit des früheren Vorsitzenden und Geschäftsführers Heinz Meyer entstanden. „Der Mini ist damals an der Berufsschule Kelheim in Zusammenarbeit mit den Firmen Reng und Göttler zum Überschlagsimulator umgebaut worden und ist seit 2012 in Betrieb.“ Die Umbaukosten beziffert Dobesch mit circa 60 000 Euro. „Der hat keinen Motor mehr, kein Getriebe und keinen Tank mehr. Auch alle elektrischen Aggregate sind ausgebaut.“
Franz Dobesch erklärt, wie man sich richtig verhält, wenn man den Gurt lösen möchte, wenn ein Fahrzeug auf dem Dach liegt. Mit Hilfe der elektronischen Steuerung kann sich der Mini 360 Grad um die Längsachse drehen. Die Position bei 180 Grad wird für die Demonstrationen gewählt.
Wenn Insassen in dem Auto sind, erleben sie einen Fall, als wenn sich bei einem Unfall ein Fahrzeug überschlägt und auf dem Dach zu liegen kommt. Solche Situationen sind immer wieder in Polizeiberichten zu lesen. Wie Fahrzeuginsassen in einem solchen Ernstfall – und noch in der Lage sind, zu reagieren – den Gurt lösen können, erfahren sie bei den Demonstrationen der Kreisverkehrswacht Kelheim. Franz Dobesch erläutert die richtige Vorgehensweise: „Die Füße aufs Armaturenbrett legen, den Oberkörper und das Becken mit aller Kraft in den Sitz zurückdrücken. So entspannt sich der Gurt und lässt sich somit öffnen. Personen auf dem Rücksitz sollen die Füße auf die Rückseite der vorderen Rücklehnen legen. Bevor der Gurt aber gelöst wird, ist der Freiraum zwischen Kopf und Fahrzeugdach durch das Unterlegen einer Decke oder Jacke zu verringern. Wenn solche Gegenstände nicht vorhanden sind, dann kann der zur Tür gewandte Arm über den Kopf gelegt werden.“
Notfallhammer mit Gurtschneider
Dobesch: „Sofern die Tür aufgeht oder eine Fensterscheibe kaputtgegangen ist, kann sich jemand selbst aus dem Fahrzeug befreien.“ Für andere Situationen gibt er den eindringlichen Rat, dass bei Autofahrten immer ein Notfallhammer mit Gurtschneider mitgenommen werden soll. Dieser ist am besten an der Mitte des Armaturenbretts zu befestigen. Vom Gesetzgeber ist diese Ausstattung nicht vorgeschrieben. Allerdings empfiehlt die Kreisverkehrswacht das.“ Bei der Anschaffung eines Notfallhammers sollte darauf geachtet werden, dass er die entsprechende Prüfung hat. Diese Ausrüstung könne sich als lebensrettend erweisen. Das steigende Interesse an Vorführungen mit dem Überschlagsimulator wird Franz Dobesch zufolge „als wichtige Verkehrserziehung angesehen“. Dobesch ist der Meinung, dass „im Schulungsprogramm der Führerscheinprüfung aufgenommen werden sollte, wie man sich in einer Unfallsituation aus einem am Dach liegenden Fahrzeug befreien kann“. – Bei den Regional- und Umwelttagen am 30. September/1. Oktober in Kelheim ist auch der Überschlagsimulator der KVW dabei.
Interview wurde geführt von Fr. Elfi Bachmeier-Fausten von der Mittelbayerischen Zeitung. Dort finden Sie auch ein Video mit dem Aufruf sich aktiv in bei der Kreisverkehrswacht als Moderator einzubringen.
Interview mit dem Präsidenten der Landesverkehrswacht Dr. Florian Hermann
Herr Dr. Herrmann, wie wichtig ist Ihrer Ansicht nach als Präsident der Landesverkehrswacht ein Überschlagsimulator für die Information von Autofahrern?
Wenn man einmal geübt hat, wie die Kräfte wirken, wie man den Gurt lösen und wie man sich abstützen muss, wenn das Auto nach einem Unfall auf dem Kopf steht, kann man im Ernstfall Panikattacken vermeiden, Ruhe bewahren und die richtigen Schritte tun. Also schwerste Verletzungen nach dem eigentlichen Unfall vermeiden, die bei falscher Reaktion entstehen könnten.
Wie viele derartigen Anlagen gibt es bei den Verkehrswachten in Bayern?
Der Simulator der Verkehrswacht Kelheim ist in der Tat ein Unikat!
Worauf führen Sie das steigende Interesse an Vorführungen mit dem Simulator zurück?
Auf die exzellente Arbeit der Kreisverkehrswacht Kelheim und ihrem Team, das mit dem Simulator in ganz Bayern unterwegs ist. Ein großartiges ehrenamtliches Engagement!
Finden Sie, dass eine Schulung, wie man sich bei einem Unglück – sofern man dazu noch in der Lage ist – aus einem Fahrzeug befreien kann, in das Programm der Führerscheinausbildung aufgenommen werden muss?
Je mehr man übt, umso besser ist man auf den Ernstfall – der hoffentlich nie eintritt – vorbereitet. Möglichst viele Verkehrsteilnehmer sollten daher die Schulungsangebote der Verkehrswachten nützen. Die Führerscheinausbildung ist insgesamt sehr gut und umfangreich, wenn eine Fahrschule auch dieses Angebot machen kann, ist es sicher sinnvoll. Zwingend vorschreiben würde ich es nicht, da der Aufwand, einen Simulator zu beschaffen und vor allem auch zu betreiben, sehr groß ist.
Wird die Landesverkehrswacht Bayern einen Vorstoß unternehmen, dass die Sicherheitsschulung mit einem Überschlagsimulator eine Pflicht für alle Pkw-Fahrer und Lastwagenlenker wird?
Wir werden das Thema gerne vertieft behandeln, da derartige Schulungen sicher sinnvoll sind.